Nach reichlich vielen schlechten, aber landschaftlich fantastischen Kilometern erreichen wir endlich die Grenze. Personenausreise Bolivien kein Problem – aber keiner kann uns sagen, wo wir die Ente abfertigen können: „Da hinten!“ – „Da vorne!“ Uns wird es zu blöd. Dann lassen wir es eben und ziehen weiter zur argentinischen Grenze. Personeneinreise Argentinien kein Problem. Dann der Zoll – es dürfen ja keine frischen Lebensmittel eingeführt werden. Vorsorglich hatten wir am Morgen die Packtechnik geändert. In jede Kiste will der Kontrolleur sehen, aber er sucht nur halbherzig. Alles ok! – ...wenn der wüsste!
Dann kommt die Enteneinfuhr! Ich gebe die Papiere ab, alles Scans, hat bisher noch niemanden gestört. Es wird zum ersten Mal sogar die Fahrgestellnummer kontrolliert. Dann will er die Original-Papiere, das hier seien ja nur Kopien. Nein, damit reisen wir schon seit fünfeinhalb Monaten, wir haben keine anderen. Wir gehen in sein Büro. Eine Versicherung will er sehen. Haben wir zum Glück! Auch dieses Papier wird sorgfältig auf Echtheit überprüft.
Dann kommt ein weiterer Herr und fragt, woher ich komme. Es ist ein bolivianischer
Zöllner, er will mein Entenpapier, das wir an der bolivianischen Grenze nicht
losgeworden sind. Nimmt’s und verschwindet. Guter Service!
Die Echtheitsdiskussion geht weiter. Ich zeige den echten internationalen Fahrzeugschein,
schlage die spanische Seite auf und zeige dem Beamten, dass dort genau das Gleiche steht.
Sein Gesicht hellt sich auf. Er schaut noch mal ganz genau beide Papiere an und begrüßt
mich dann in Argentinien. Ich kann gehen.
Nur sind wir jetzt in Argentinien und hier ist einiges anders. Es gibt Ampeln, die befolgt werden!! Es gibt jede Menge neuer Privatfahrzeuge. Es gibt Straßenschilder und Straßenbeleuchtung. Die Fahrer benutzen den Blinker und es gibt Zäune! Hier oben ist alles eingezäunt! Wir fahren etwa 60 Kilometer bis Abra Pampa ohne die Chance von der Straße zu kommen. Uns langt es für heute und wir gehen in das bisher teuerste Hotel der Reise. Der Gegenwert stimmt aber nicht!
Beim Einkaufen dann die nächste böse Überraschung: die Preise sind mindestens doppelt so hoch wie in Bolivien, die Qualität von Obst und Gemüse aber schlechter. Wir werden umdenken müssen, der Wohlstand hat seinen Preis, obwohl wir im ärmsten Teil Argentiniens sind. Annette tönt: „Ich will zurück nach Bolivien!“Am nächsten Tag geht es nur ein kurzes Stück nach Humahuaca. Auf dem Weg passieren
wir Berge, die in vielen Farben leuchten. Die Kamera-Speicherkarte stöhnt!! Man
sieht wie sich die Erde gefaltet hat, schon sehr eindrücklich, wie der Schweizer sagt.
Der Camping Municipal ist dann das, was mir der Arzt verschrieben hat. Tranquilo!
Absolut tranquilo. Bierladen über die Straße, Markt über die Brücke – und
die meiste Zeit sind wir alleine unter riesigen Weiden mit farbigen Vögeln
und Haushund, nur nachmittags zerrt der Wind an uns. Da die Rückenwürmer weiter
nerven, verwerfen wir unseren Plan noch ein Mal nach Bolivien zu fahren
und tun lieber NIX!
Am Sonntag feiern sie hier einen Kindergeburtstag. Das Bild zeigt die Musik-Anlage...
Als Schmerzensgeld bekommen wir leckere Empanadas und quitschrosa Geburtstagskuchen ab – vielen Dank.
Während wir dem Müßiggang frönen, kämpft Klaus in Montevideo mit den Bürokraten. Es scheint noch schlimmer und teurer als in Cartagena zu sein. Wir hatten gehofft, von dort relativ einfach nach Hause verschiffen zu können. Wir machen uns zum ersten Mal ernsthaft Gedanken über unsere Rückreise, obwohl wir noch circa sechs Monate Zeit haben. Wir verbringen in Humahuaca insgesamt sechs sehr entspannte Tage.
Auf dem Weg in den Süden versuchen wir in San Salvador de Jujuy einen preiswerten Reifen für den Seitenwagen aufzutreiben. Im ersten Laden haben sie nur einen Metzler, der ist uns aber im Moment viel zu teuer. „Chinesen“ haben sie in unserer Reifenbreite nicht. Also klappern wir bis zur Mittagspause – die Läden sind teilweise von 13 bis 17 Uhr geschlossen – weitere Läden ab. Ohne preiswertes Ergebnis! Wir fahren aus der Stadt nach El Carmen auf den Camping. Morgen wollen wir wieder Schotter fahren, wenn uns da der Reifen schlapp macht... ich denke halt immer noch sehr deutsch! Am Abend fahren wir wieder zurück nach Jujuy und suchen weiter. Wir finden einen kleinen Laden, der Motocross-Motorräder verkauft. Der hat zwar keine Reifen, aber der Sohn will uns zu einem Laden bringen. Als wir gerade los wollen, steht ein Team vom Lokalfernsehen vor uns und möchte ein Interview. Claro! Wir werden befragt und gefilmt. Ob es gesendet worden ist, wissen wir nicht! Der dann mit Hilfe des Sohnes angesteuerte Laden, ist der, bei dem wir heute Mittag als erstes waren! Wir kaufen den Metzler – Made in Brazil – für teures Geld. Zu dem Zeitpunkt dachten wir noch, Argentinien sei preiswerter als Chile, heute sind wir klüger! – Alle importierten Artikel in Argentinien haben 52% Einfuhrzoll! – da ist NICHTS preiswert!!Im Ort fragen wir nach dem Museum. „Hier gibt es kein Museum.“ Aber bei Colomé. Sie beschreiben uns den Einstieg in die Piste. Im selben Moment krackt es laut. Ein sehr großer Ast eines noch größeren schon alten Baumes ist herunter gekracht, direkt von einem Lastwagen. So schnell haben wir noch keinen Fahrer sein Fahrzeug umsetzen sehen...
Die Landschaft ist karg. In Colomé fragt Annette nach, man schickt uns weiter Richtung Süden. Dann trauen wir unseren Augen kaum. Inmitten dieser Landschaft liegt ein riesiges Weingut mit Hotel. Die Zufahrt zum Hotel ist mit einem kameraüberwachten Stahltor gesichert: „Nur mit Reservierung.“ Ein Schild weist zum Besucherzentrum! Wir folgen dem Weg und passieren einen Hubschrauberlandeplatz!! Ah ja, hier wird in einer anderen Liga gespielt.Auf dem Parkplatz weißer Kies. Die schicken sehr jungen Damen im piekfeinen Entree sind höflich zurückhaltend. Das Museum ist erst ab 14 Uhr geöffnet, jetzt ist es 11 Uhr. „Wir sind 12.000 Kilometer gefahren, nur um das Museum zu besuchen...!“ – Höfliches Desinteresse.... Wir setzen uns vor den Eingang und überlegen. Von innen werden wir genau beobachtet. Leute wie wir verirren sich offensichtlich nicht oft hierher. Schließlich verlassen wir dieses Raumschiff ohne Museumsbesuch. Beeindruckend, was man mit Wasser und viel Geld so alles machen kann...
In Molinos hatte man uns gesagt, dass wir vom Museum aus dieselbe Strecke wieder zurück müssten. Auf der „geliehenen“ GPS-Karte entdecken wir eine Piste, die nicht auf der Reise-Know-How-Karte eingezeichnet ist. Sie führt in einem Bogen in südlicher Richtung wieder auf die Ruta 40. Prima, wir fahren auf einer Superpiste durch die Anden. Wunderschön und einsam! An Abzweigungen ist die Orientierung manchmal schwierig, aber dank des Garmin kein Problem. Das GPS mit der richtigen Karte macht das Reisen sehr viel einfacher, nimmt aber auch die Freude des Selber-Suchens. Vor Cafayate fahren wir wieder durch bizarre Felsformationen. Die westlich laufende aspaltierte Ruta 68 von Salta nach Cafayate wurde uns ebenfalls als sehr schön empfohlen.Wir fahren über Belen, Chilecito und San Martin nach Mendoza. Zwischen San Juan und Mendoza ist es heiß und landschaftlich monoton. Die Ruta 40 ist im Norden leider bis auf zwei kleine Abschnitte vollständig geteert. Auf einem der Schotterstücke bei Puerto Alegre hatten wir morgens drei Schwaben getroffen, die vor der Sommerhitze von über 40 Grad in Mendoza flohen. Wir bekommen hier nur einen kleinen Vorgeschmack. In Mendoza gehen wir auf den Camping Suisso. Mit 90,- ARS teuer, aber die Anlage ist einfach klasse! Hoher, dichter alter Baumbestand, der nachhaltigen Schatten bietet. Jeder Platz hat ein eigenes Hüttendach - unter das wir unser Zelt stellen - einen Grillplatz, eigenen Tisch, eigene Stühle. Obwohl über Weihnachten einiges los ist, sitzen wir uns nicht gegenseitig auf dem Schoß und die Argentinier, die wir dort treffen, sind durchweg sehr höflich und sehr freundlich. Die Angestellten sind töfte! S 32°51.351 – W 68°53.585 Lollo, der Besitzer, kennt Carlos Desgens und zeigt uns mal eben den Weg zu seiner BMW-Werkstatt auf dem Stadtplan. Einfach! S 32°53.212 – W 68°49.595 – NICHT nach Garmin-Stadtplan fahren, der fährt zur falschen Straße. Hier wollen wir die Ölablassschraube von der Ente reparieren. Ich baue die Ölwanne ab, was Carlos gar nicht recht ist. Er fährt zu einer befreundeten Werkstatt, die das Gewinde mit einer Büchse instand setzt. Seitdem „markiert“ die Ente nicht mehr. In der Werkstatt sieht es zwar ähnlich aus wie bei mir, aber sie arbeiten extrem gewissenhaft und ordentlich und Carlos macht sehr faire Preise. Vielen Dank! In der Werkstatt lagern auch etliche Reifen. Als ich ihn nach preiswerten Reifen frage, grinst er: „Motorradfahrer wollen doch immer Markenreifen!“ Er telefoniert und am nächsten Tag können wir einen brasilianischen Reifen mit chinesischem Preis montieren. Der Pirelli MT60 war auf dem Seitenwagen nach 6500 km ökonomisch völlig verwertet... Am Abend des ersten Tages in Mendoza treffen wir Simon(e) und Panny. Sie sind seit 15 Monaten unterwegs (100.000 Kilometer Nord-, Mittel-, Südamerika) und wollen weiter nach Neuseeland. Wir verstehen uns auf Anhieb und es wird ein sehr langer „Tag“. Simon’s Zahnarztbesuch am Morgen fällt wegen Unzumutbarkeit prophylaktisch aus. Nach drei sehr angenehmen Tagen kommen die beiden dann los. Silvester werden wir zusammen in Valparaiso feiern. www.krad-vagabunden.de Wir bleiben noch zwei Tage unter unserem schattigen Baum- und Hüttendach, lernen Argentinier mit einem Hardcore-VW-Bus kennen und planen die weitere Reise. Der Gedanke mit dem Frachtschiff nach Hause zu fahren ist mittlerweile bei uns beiden beschlossene Sache und so müssen wir halt Termine festlegen. Unser Problem besteht auf dieser Reise darin, das wir viel zu wenig Zeit haben! So viel Schönes gibt es hier zu bestaunen. Auch treffen wir hier in Südamerika viele Leute, bei denen es sich lohnt viel Zeit gemeinsam zu verbringen. Am 28. Dezember brechen wir in Richtung Chile auf. Die Fahrt geht zunächst bis zur Puente del Inca, einer natürlichen Felsbrücke im Schatten des Aconcagua (6962 m), dem höchsten Berg Südamerikas. An der Puente gibt es Souvenirstände. Auf dem Parkplatz davor treffen wir zwei Brasilianer mit einer wunderschön restaurierten und einem ebenso schönen 64er VW-Bus. Einer der beiden ist deutscher Abstammung und so kommt eine kurze Unterhaltung zustande. Sie kommen aus Nuevo Hamburgo, vielleicht sieht man sich ja in Brasilien wieder. In der Nähe der Puente del Inca gibt es für uns einen Gratis-Camp (S 32°49.477 – W 69°53.548, www.lospoquios.com.ar ). Trekker nutzen es zur Aklimatisierung vor dem Aufstieg auf den Aconcagua. In dieser Gegend muss im Winter die Hölle los sein, es gibt unzählige Ski-Lifte. Im Moment ist es hier sehr entspannt und fast alle Hotels etc. sind geschlossen. Nur die LKW’s rollen unaufhörlich und laut in beide Richtungen durch das Tal.
Morgens bereiten wir uns sehr sorgfältig auf unsere erste Einreise nach Chile vor. Es soll sehr strenge Lebensmittelkontrollen geben. Wir machen noch Witze über „Gemüse-„ statt Drogenhunde. Als wir in Richtung Grenze aufbrechen, zeigt sich der Aconcagua ohne Wolken. Wir fahren durch den längsten Tunnel Südamerikas (3800 m), vorbei an einer Schlange von 47 LKW’s und reihen uns in die PKW-Schlange ein. Es ist viel los, da viele Argentinier über Silvester nach Valpo fahren, dass für sein Feuerwerk berühmt ist. Die Atmosphäre ist völlig entspannt. Es werden die Aus- und Einreiseformulare verteilt, beide auch in englisch. Für die Einreise nach Chile muss ein Papier unterschrieben werden, dass man keines der verbotenen frischen Lebensmittel pflanzlichen oder tierischen Ursprungs einführt. Von weitem können wir beobachten, dass jedes Fahrzeug sehr genau kontrolliert wird. Entsprechend lange dauert die Sache.