USA / Der Westen Reisebericht 3
Dreiradententour 2016/17

USA: Der Westen 3

Reiseroute im Westen der USA 3: Grand Canyon South Rim, Seligman, Part of Historic US66, Las Vegas, LA, Las Vegas, Rückflug nach Frankfurt
September/Oktober 2016

Nach dem ganzen Trubel und den Menschenmassen soll es jetzt ruhiger werden. Hoffe ich!
Nächstes Ziel ist die ber&uuhml;mte US66. Diese Route verband früher Chicago mit LA. Von der fast 4000 km langen Strecke sind heute nur noch einige originale Abschnitte vorhanden. In Seligman beginnt ein solcher, ca. 160 km langer Abschnitt, den steuere ich an.
Leider ist das Wetter sehr unbeständig. Der Himmel zieht sich immer wieder mächtig zu. Gewitterfront.jpg Zweimal fahre ich dicht an einem Gewitter vorbei, bleibe aber trocken. Eigentlich will ich das Zelt aufbauen bevor es regnet, aber ich finde einfach keinen Platz.
In Seligman fahre ich auf einen teuren CG und beeile mich mit dem Zeltaufbau. Warum man für solch einen CG 30 US$ zahlen muss bleibt mir unklar. Gewitterfront.jpg Auch mein Nachbar hatte sein "Spielzeug" lieber im!!!!! Wohnmobil!!! geparkt. Buggy.jpg Aber zum Glück lässt Petrus nur die Muskeln spielen. Nach etwa 2 Stunden hat sich die Gewitterfront verzogen und das Wetter tut so, als ob nichts gewesen wäre. Seligman.JPG Anekdote zum sicheren Reisen in den USA: Etwa 30 m von meinem Zelt entfernt steht ein Mietcamper. Nichts Ungewöhnliches. Abends kommt die CG-Chefin mit der Polizei. Sie wisse nicht woher der Wagen stamme und wem er gehöre. Der Sheriff klärt sie auf. Der ist gestern zwei deutschen Touristen am South Rim geklaut worden, als sie bei einem View Point waren. Die werden sich gefreut haben!?
Der Dieb hat offensichtlich eine Fahrgelegenheit nach Seligman gebraucht und den Wagen dann hier abgestellt. Hier fällt er ja auch erst einmal nicht auf.
geklaut.JPG Später kommt ein Abschleppwagen, die Mietfirma will ja ihr Fahrzeug zurück haben. Mit einem Blechstreifen hat er den Wagen in 2 Sekunden!!!! "geknackt". Respekt! Danach baut er sogar die Kardanwelle aus. Mal ein Ami, der seinen Job versteht!

Am nächsten Morgen geht es bei strahlendem Sonnenschein erst einmal in den Ort. Seligman2.JPG Wie üblich kommen Motel und Fast Food zuerst.
Der ganze "Ortskern" ist auf 50er - 60er Jahre "getrimmt". So versucht man den Mythos am Leben zu halten und nebenbei auch ordentlich von den Touristen zu profitieren (kassieren). Wie im "Westen" üblich gibt es hier keine Arbeit und so hat man die US66 als Einnahmequelle entdeckt.
Seligman3.JPG Seligman4.JPG Seligman liegt strategisch günstig direkt am Highway. Die Touris kommen in den Ort, machen ihre Fotos vor dem Schild und "fliegen" über den Highway weiter. So ist auch zu erklären, warum ich auf der Weiterfahrt über die US66 nur zwei Motorradfahrer getroffen habe, obwohl im Ort bestimmt 50 Harleys waren. Die kommen auf ihren geführten Touren wahrscheinlich am letzten Tag hier vorbei und müssen am nächsten Tag den Flieger in Vegas besteigen. R66.JPG Burma.JPG Sogar die alten Werbeschilder der Firma Burma Shave haben sie wieder aufgestellt. Dabei ergeben immer mehrere Schilderaufschriften zusammen einen lustigen Reim. Davon soll es angeblich ca. 600 gegeben haben. Im Film "Mit Hand und Herz" gibt es ja ein paar Kostproben.

Verlässt man Seligman Richtung Westen sieht man die wahre US66, bzw. das, was davon übrig ist. Es ist eine eher vernachlässigte Strecke und die Orte abseits des heutigen Highways haben ihre Funktion als Versorgungspunkte, die Menschen ihre Arbeit verloren. R66heute.JPG R66heute2.JPG Die Strecke führt durch ein Indianer Reservat. Leute, die hier durchkommen sind entweder Nostalgiker oder Touristen, die sich von einer Rafting Tour durch den Grand Canyon hier wieder "einsammeln" lassen. Unterwegs treffe ich so einen "Einsammler". Die üblichen Fragen nach dem Woher und Wohin. Wir sitzen im Schatten seines Vans und rauchen. Er sollte eigentlich eine Gruppe abholen, die seit 10 Tagen unterwegs ist. Leider haben die Regenfälle der letzten Tage die Piste in den Canyon weggespült. So kann er sie nicht erreichen. Er hofft, dass sie noch genügend Wasser haben.

Das nächste größere Ziel ist das Death Valley unter Umfahrung von Las Vegas. Da will ich alleine nicht hin.
Mittlerweile bewege ich mich auch wieder fast auf Meereshöhe und nachmittags wird es recht warm. Die Landschaft ist wüstenähnlich. Da käme doch der Lake Mohave bei Laughlin gerade recht.
Ich biege von der Hauptstraße ab und versuche diverse Gravel Roads um einen Zugang zum Wasser zu finden. Aber immer wenn ich die unmittelbare Nähe des kühlenden Nasses erreiche, hat da schon jemand seine Villa mit hoher Mauer hingestellt.
Irgendwann erreiche ich den Ort. Ups, den habe ich leicht falsch eingeschätzt! Auf der Karte sah er recht klein und unscheinbar aus. 200km.JPG 200 km vor Las Vegas scheint es ein "Las Vegas" für die Amerikaner zu geben. Sehr ordentlich, sehr gepflegt und sehr teuer - NICHTS für mich. Ich sehe zu, dass ich weiter komme.

Also nicht baden! Dann wenigstens einen schönen Zeltplatz! Auch nicht ganz einfach, da die Straße, ähnlich einer deutschen Autobahn, eingezäunt ist. Auf der anderen Straßenseite ist eine Lücke im Zaun. Also wie im Kino über den Mittelstreifen auf die andere Seite und ab in die Wüste.

Es gibt einige sandige Passagen und steile Auffahrten. Die Kupplung muss schaffen und auch der Kupplungszug.
Ich bin schon recht weit von der Straße entfernt, da greift die linke Hand ins Leere! Mist - Zug gerissen. Sollte kein Problem sei, da ich ja Züge immer doppelt verlege. In zwei Minuten geht es weiter - denke ich!

Taschenmesser raus, Kabelbinder durchschneiden, Schutzhülle der Nippel abschneiden, alten Zug aushängen und den Neuen einhängen. Geht nicht! Zu kurz!???

Bist Du jetzt zu blöd einen Kupplungszug zu wechseln? Neuer Versuch. Diesmal andersrum. Zu kurz! Gibt es nicht!?
Ich setze mich in den Schatten und mache ein lauwarmes Bier auf. Hilft aber nix!
Also baue ich beide Züge aus. Nebeneinander gelegt, äußere Hülle passt, aber die Seele des Neuen ist ca. 10 cm kürzer!

Ok, kann nicht passen! Dann passe ich es eben an. Leider habe ich die Rechnung ohne die neuen Züge gemacht. Motorradfahrer sind heute Hobbyfahrer und warten ihre Fahrzeuge i.d.R. nicht mehr selbst. Deshalb (?) werden moderne Züge aus sehr!! dünnen Edelstahldrähten gefertigt. Die muss man dann nicht mehr regelmäßig schmieren.
Lange Rede gar kein Sinn: nach 10 Minuten habe ich auch den neuen Zug mit Taschenmesser und Dreikantfeile ruiniert!

2tes lauwarme Bier! In meinem Kopf beginnt sich ein Vakuum auszubreiten! Irgendwie soll diese Reise nicht sein?!
Einen Kupplungszug aufzutreiben sollte eigentlich in Vegas kein Problem sein.
Der "Kampfgeist" fehlt! Die Summe der Groß- und Kleinigkeiten scheint mich zu erdrücken!
Entscheidung.JPG ENDSTATION die Dritte?

Nachts fällt mir noch eine Lösung für eine "Fußkupplung" ein, die ich morgens mit einem Spanngurt probiere. Funktioniert auch - dreimal - der Gurt ist zu elastisch! Das werde ich zu Hause mal mit einem Stahlseil bauen!

Anfahren auf losem Untergrund ohne Kupplung - hat Was... - ein gutes Training für den bevorstehenden Stadtverkehr. (Die Ente hat einen Dieselanlasser und der macht die Aktionen klaglos mit: www.Fernreiseteile.de)
Innerlich habe ich heute Nacht zur Hälfte mit diesem Reiseabschnitt abgeschlossen!

Jetzt muss erst einmal ein neuer Kupplungszug her. In Las Vegas soll man beim Circus Circus auf einem CG zelten können. Die GPS Daten habe ich im Garmin, also auf ins Gewühl!

Dank Navi ist die Fahrt durch Las Vegas relativ unproblematisch. Da es Samstag ist hält sich auch der Verkehr in Grenzen. Als ich am CG ankomme ist die Reception noch geschlossen. Also in den Schatten und warten.
Um 16 Uhr geht es weiter. Die nette junge Dame hinter dem Tresen erklärt mir, dass Zelten auf dem CG verboten sei! Bitte? Ich muss sie sehr ungläubig angeschaut haben, denn sie wiederholt den Satz und fügt hinzu, dass es zu gefährlich sei!
Erst denke ich, dass sie mir sicher nur ein Zimmer im Hotel aufdrängen will! Wie gesagt, sie ist sehr nett und ruft die beiden weiteren CG´s in Vegas an. Auch hier: keine Zelte! Die Amis verstehe wer will!
Dann macht sie noch einen Versuch und "verhandelt" mit dem Sicherheitschef des Hotels, ob man nicht eine Ausnahme machen könne, mein Motorrad sei doch kaputt. Nichts zu machen: die Versicherung!
Fahrzeuge mit Dachzelt sind übrigens erlaubt, die sind ja dafür gebaut! Ach ja!
Über das Internet bucht sie mir dann ein Zimmer im Hotel, das ist deutlich preiswerter, als direkt im Hotel zu buchen! Wie gesagt, sie ist sehr nett.
Mein Zimmer liegt in einem der drei kleineren Nebengebäude mit jeweils 600 (!!) Zimmern. Im Hauptgebäude sind nochmal ca. 3300 Zimmer!! Dieses Casino hat also mehr als 5000 Zimmer, die auch besetzt sind!! In der Empfangshalle geht es zu wie auf einem Flughafen! Und es gibt viele Casinos in Vegas! Der Staat Nevada kassiert übrigens ca. ein Drittel des Übernachtungspreises als eine Art "Kurtaxe"! CC.JPG CC2.JPG Die Bierdose passt doch ganz schön zum hiesigen Gigantismus! Dose.jpg Was haben amerikanisches Bier und Liebe im Kanu gemeinsam?
Beides ist sehr dicht am Wasser! (Spruch eines Fernsehkomikers, den Namen habe ich vergessen)
Während der Inhalt der Dose seinem Ende entgegen geht, schaue ich aus dem Fenster: USA.JPG USA2.JPG Dort kann man mit vollautomatischen Waffen auf Poster seiner "Freunde" schießen und das zerlöcherte Papier als Beweis mit nach Hause nehmen. Nebenan kann sich die Freundin auf den Geschützlauf eines Panzers setzen und fürs Facebook-Foto lächeln!
Es reicht! Ich muss hier weg! Raus aus diesem Käfig voller Narren!

Ich versuche meinen Freund, den Grafen, in Deutschland zu erreichen. Von ihm weiß ich, dass er die Adresse einer Deutschen in Las Vegas hat. Vielleicht kann ich da ja "unterkriechen" und den Rückzug organisieren!

Manchmal haben ja Internet und Skype auch ihre großen Vorzüge! Sonntag habe ich die Adresse und Telefonnummer von Any. Montags erreiche ich sie. Klar kein Problem, soll ich dich abholen? Da ich die nächste Nacht schon bezahlt habe, verabreden wir, dass ich nach dem Besuch beim BMW-Händler (montags geschlossen) bei ihr aufschlagen werde.

Da ich einkaufen muss, gehe ich zur netten Dame auf dem CG. Ich frage sie, wo ich hinlaufen kann um etwas Essbares zu kaufen. Diesmal schaut sie mich recht ungläubig an. Laufen? Mit vollen Taschen? Viel zu gefährlich. Hinter dem Hotel fängt das Armenviertel an. Bus fahren ok! Besser ein Taxi! Jetzt bin ich es wieder, der ungläubig schaut.
Die Glitzerwelt des Strips hat offensichtlich nichts mit der Lebensrealität der hier lebenden Menschen zu tun. Das finde ich später auch während meiner Zeit bei Any bestätigt. Amerikanische Großstädte sind keine Spielplätze.

Am nächsten Morgen im Berufsverkehr geht es dann nicht mehr ganz so gemütlich auf den Straßen zu. Es herrscht viel Verkehr und blöderweise fahre ich dreimal an der Abfahrt vorbei.
Beim BMW-Händler das oft leider Übliche. Leute mit alten und dreckigen Motorrädern brauchen und wollen sie eigentlich nicht in ihren Hightech-Tempeln. Genau wie in Deutschland. Zum Glück kenne ich das Ersatzteilprogramm und kann ihnen die Nummer des Zuges heraussuchen. Kommt morgen, kostet schlappe 49,85 US$. Ok, dann bis morgen.

Quer durch die Stadt geht es danach zu Any´s Haus. Es liegt in einer eingezäunten Siedlung mit geschlossenem Eingangstor und Pförtnerhäuschen ohne Pförtner. In Google Earth hatte ich mir die Adresse angesehen, ihr Haus muss dicht beim Tor liegen. Ente geparkt und zu Fuß nachgeschaut. Namensschilder an der Tür? Fehlanzeige. Also klingele ich an der vergitterten Eingangstür. Ein Mann öffnet die hinter dem Gitter liegende Tür einen Spalt. Ich suche Any! Kenne ich nicht! Will ich auch nicht kennen! Zu ist die Tür. Danke!

Ich gehe ums Haus. Noch eine vergitterte Tür und ein Stück Papier mit meinem (!) Namen. Die wohnen quasi Wand an Wand und der Typ kennt sie nicht! Muss ich nicht verstehen.
Any begrüßt mich sehr nett, in der Garage räumen wir ein wenig um, damit die Ente reinpasst. Ich bekomme ein eigenes Zimmer - Mensch, was willst du mehr?!

Der Rest geht jetzt erstaunlich schnell und fast reibungslos! Any hat den Rest der Woche frei und hilft mir, wo sie kann!!!
Zu zweit suchen wir im Netz einen Verschiffer. Sogar ihre Mutter in Deutschland beteiligt sich. Parallel dazu kontaktiere ich In Time (Olaf Kleinknecht) in Hamburg. Verfliegen scheint ein riesen Problem zu sein! Any findet eine Agentur an der Ostküste zu einem wahnsinnig günstigen Preis. Die würden die Ente per Lkw an die Ostküste bringen und nach Hamburg verschiffen. Alles für 1200 US$. Ich traue dem Preis nicht! Schließlich lande ich bei AIS in Los Angeles. Eine Deutsche, die hauptsächlich Oldtimer nach Europa verschifft. Sie hat schon mit In Time zusammen gearbeitet. Da habe ich wenigstens eine deutsche Ansprechpartnerin - ist mir sympathischer!

Der erste Kontakt bringt mich aber dann doch wieder ins Schwitzen! Sie braucht das Einfuhrzollpapier! Das habe ich aber nicht! Ohne das geht aber gar nichts. Die sehen das Fahrzeug doch! Das spielt keine Rolle!

In Anchorage hatte ich mich noch gefreut, wie einfach alles gelaufen war.
Also den Zoll in Anchorage kontaktiert. Alles kein Problem, wir schicken ihnen eine Kopie per Mail. Super!! Haben sie dann tatsächlich eine Stunde später auch gemacht. Glück gehabt, den richtigen Beamten erwischt!

Wie kommt die Ente nach LA bzw. wie komme ich von LA zurück? Kein Problem, ist Any´s Reaktion. Du bringst das Motorrad nach LA und ich hole dich da ab! Eine Strecke sind 600 km - aber wir sind ja in Amerika!

Jetzt noch den Flug umbuchen, dann ist der Bär....
Ich ergattere tatsächlich den letzten freien Platz in der nächsten Maschine. Perfekt!

Am nächsten Morgen starte ich gegen sieben Uhr Richtung LA. Öde Landschaft und immer geradeaus. Halt der typische US Highway. Im Dunstkreis von LA wird die Landschaft grüner. Im Stadtgebiet wechsele ich achtmal den Highway!! Und auf allen ist reichlich Verkehr. Wahnsinn, diese Massen!
Das Lagerhaus liegt unmittelbar am Highway und ist sehr einfach zu finden. Stellen Sie das Motorrad dahinten hin. Ente.JPG Hoffentlich kriege ich sie wieder!

Jetzt kriege ich noch zwei Unterschriften und den Fahrzeugschein, das war's! Das Schiff kommt wahrscheinlich Anfang Dezember in Hamburg oder Bremerhaven an. Guten Rückflug.

Die Rückfahrt geht deutlich schneller - immer 99 Meilen auf dem Tacho! Bis dahin zahlt man nur Strafe. Ab 100 Meilen kommt man in die "Klapsmühle", da man als Selbstmordattentäter eingestuft wird... Die spinnen, die Amis.

Abends gehen wir noch einmal essen. Vielen Dank für alles! Ohne Any´s Hilfe wäre das alles nicht so reibungslos gelaufen!

Am nächsten Tag geht es zum Flughafen und das Nordamerikakapitel wird geschlossen!